Auf in die Zweiklassen-Uni!

Gleiche Leistung zu unterschiedlichem Preis? An der Uni Bern sollen die Studiengebühren für Bildungsausländer_innen steigen. bild: nzz.ch

18. Oktober 2017

Von und

Die geplante Studiengebührerhöhung für Ausländer_innen ist unverantwortlich. Denn sie bricht mit einem zentralen demokratischen Prinzip: Dem gleichen Zugang zu Bildung für alle.

Manchmal vollzieht sich der Umsturz leise. Irgendwo in einem staubigen Büro, auf dem Tisch einer Sachbearbeiterin, ganz sachte auf dem Verordnungsweg. Vielleicht wird auch die geplante Studiengebührerhöhung ein solcher Umsturz gewesen sein. Denn bisher hat fast niemand etwas davon bemerkt.

Es wäre eine Schreibtisch-Revolte. Geplant auf Seite 114f. im Entlastungsberichts 2018 des Kantons Bern, vollzogen im Berner Grossratssaal – mitten in der Stadt. Im Bericht des Regierungsrats geht es um Kürzungen bei den Staatsausgaben: Weniger Geld für Bildung, Gesundheit, Soziales – insgesamt 185 Millionen Franken. Ermöglicht würde damit eine Senkung der Gewinn­steuer für Unternehmen – vor allem Aktienbesitzer_Innen profitierten also davon.

Dosen-Pelati statt frische Tomaten

Geplant ist ein radikaler Systemwechsel: Zum ersten Mal müssten ausländische Studierende höhere Studiengebühren bezahlen als inländische – und dies, obwohl wir alle dieselben Leistungen beziehen. Betroffen wären alle «Bildungsausländer» – also diejenigen unter uns mit einer ausländischen Matura. Es sind nicht bloss Einzelfälle: An der Uni Bern geht es um jede 8. studierende Person, insgesamt also um über 2’000 Personen, die jährlich 400 Franken mehr bezahlen müssten.

Nun wird man sagen, 400 Franken seien nicht alle Welt. Und ja, es stimmt: Wahrscheinlich werden die Leute das Geld schon irgendwie auftreiben können. Sie werden es auftreiben müssen. Falls nicht, gehen sie halt nicht mehr ins Kino. Statt frischen Tomaten kaufen sie dann Dosen-Pelati und die 300-seitigen Lehrbücher fotokopieren sie von uns, den Minderbesteuerten, statt sie wie wir in der Buchhandlung zu kaufen. Und sonst, wenn alles nichts hilft, brechen sie das Studium ab. Und damit ihr Leben in der Schweiz. Denn häufig ist ihre Aufenthaltsbewilligung an die Immatrikulation geknüpft.

Wer hat reiche Eltern?

Das Fiese an der Kürzung ist nicht nur das Geld – es ist ihr diskriminierender Kern. Mit ihrem Sparpaket bricht die Regierung mit einem zentralen Prinzip unseres Landes: dem gleichen Zugang zu Bildung für alle – unabhängig von Alter, Nationalität oder Geschlecht. Denn wer höhere Studiengebühren bezahlen muss, verbringt mehr Zeit mit Arbeiten – und hat weniger Platz fürs Studium. Für Zuziehende aus dem Ausland wird es deshalb schwieriger sein, an der Uni mitzuhalten – ausser sie haben reiche Eltern.

Das Programm treibt die Uni Bern noch ein Stückchen weiter in die Inzest-Falle. Unter dem Strich würde die Uni durch die Vorlage ein Stück homogener – und fast sicher etwas langweiliger. Denn die Hürden für ausländische Studierende würden steigen. Man kann das für eine gute Sache halten. Für die Uni ist es allerdings schlecht. Denn ohne internationale akademische Debatten verkümmert auch die Wissenschaft.

Du wärst von der geplanten Studiengebührerhöhung betroffen und möchtest dich dagegen wehren? Dann melde dich bei der SUB: carole.klopfstein@sub.unibe.ch

 

 

Dieser Beitrag erschien in der bärner studizytig #8 Oktober 2017

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